Was ist Pränatalmedizin?
Pränatalmedizin umfasst alle Untersuchungen, Beratungen und Therapien,
die im Rahmen einer Schwangerschaft durchgeführt werden. Dazu gehören
alle vorgeburtlichen Ultraschalluntersuchungen sowie die invasiven Untersuchungsmethoden (Mutterkuchen, Fruchtwasser oder Blut des Feten werden berührt).
Im Folgenden wollen wir Ihnen die pränataldiagnostischen Untersuchungsmöglichkeiten, die wir Ihnen anbieten können, näherbringen.
Nicht-invasive Pränataldiagnostik
Nicht-invasive Pränataltests (NIPT) gehören zu den neueren genetischen Untersuchungsverfahren, die mit hoher Detektionsrate bestimmte Chromosomenstörungen erkennen können. Durch die Untersuchung zellfreier fetaler DNA im Blut der Mutter ist eine Entdeckung von Chromosomenstörungen wie z.B. Trisomie 21, 13 und 18 , Störungen der Geschlechtschromosomen, sowie der Mikrodeletion 22q11 (Di George Syndrom) mit hohen Nachweisraten von bis zu 99% möglich. Ein solcher Test kann auf Wunsch der werdenden Eltern zusätzlich angewandt werden,
wenn sich aus dem Ersttrimesterscreening ein höheres Risiko für das Vorliegen einer Chromosomenstörung wie einer Trisomie 21 (Down-Syndrom) ergibt. Damit lassen sich nach derzeitigem Wissenstand mit einer Genauigkeit von bis zu 99% Fälle von Trisomie 21 herausfinden. Bei negativem (unauffälligem) Testergebnis liegt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit keine Trisomie 21 vor, bei einem positiven (auffälligen)
Test-ergebnis muss auf jeden Fall eine invasive Diagnostik zur Sicherung des Befundes erfolgen. Bis zum Erhalt des Testergebnisses vergehen ca. 5 -10 Tage. Die Kosten für diese Leistung sind von Ihnen selbst zu tragen.
Diese nicht-invasiven Pränataltests werden derzeit als genetische Screeningtests eingestuft, die zwar hohe Erkennungsraten für bestimmte Chromosomenstörungen haben, wobei eine Störung wie z.B. die Trisomie 21 dennoch nur durch eine invasive Diagnostik sicher ausgeschlossen werden kann.
Bei dieser risikolosen Untersuchung (Ultraschalluntersuchung und mütterliche Blutentnahme) können einerseits bereits frühzeitig zahlreiche fetale Fehlbildungen ausgeschlossen werden. Andererseits ermöglicht die Messung der fetalen Nackentransparenz (NT) und ggf. weiterer Ultraschallparameter (sogenannter sonographischer Marker wie Nasenbein (NB), Trikuspidalregurgitation (TR), Ductus-Venosus-Fluss (DV)) eine individuelle Risikokalkulation für das Vorliegen der häufigsten Chromosomenstörungen (Trisomie 21, 13, 18). Bei dieser Ultraschalluntersuchung wird immer eine Darstellung aller zu diesem Zeitpunkt beurteilbaren kindlichen Organe durchgeführt. Dabei legen wir viel Wert auf eine frühe farbcodierte Untersuchung des fetalen Herzens (sog. Frühe Echokardiographie), womit einige schwere angeborene Herzfehler bereits ausge-schlossen werden können.
Zu Ihrer individuellen Risikoberechnung für das Vorliegen einer Chromosomenstörung wird die Nackentransparenz des Ungeborenen vermessen, die einer Flüssigkeitsansammlung im Bereich des Nackens entspricht. Sie ist ein vorübergehendes Phänomen, das nur zwischen der 12.und 14. SSW zur Risikokalkulation dienen kann. Eine geringe Nackentransparenz entspricht einem Normalbefund. Mit steigender Dicke der Nackentransparenz steigt auch das Risiko für Chromosomenstörungen.
Zur Risikokalkulation werden mütterliches Alter, zwei Laborwerte aus dem mütterlichen Blut und das Ergebnis der Nackentransparenzmessung sowie ggf. zusätzliche Ultraschallparameter herangezogen (www.fetalmedicine.com). Am besten erfolgt die Blutentnahme schon in der 10. SSW. Dadurch verbessert sich die Entdeckungsrate des Tests. Außerdem können wir das Gesamtergebnis dann am Tag der Ultraschalluntersuchung abschließend mit Ihnen besprechen.
Die Entdeckungsrate mit dem Ersttrimester-Screening Chromosomenstörungen wie das Down-Syndrom zu entdecken, liegt bei Anwendung aller Ultraschallmarker bei ca. 90-95%. In 2,5-5% der Untersuchungen muss allerdings mit einem falschauffälligen Ergebnis gerechnet werden. Das Ergebnis des Ersttrimester-Screenings wird als individuelle Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Chromosomenstörung (Trisomie 21, 13, 18) mit einer Verhältniszahl (z.B. 1:500) angegeben. Ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit für ein Down-Syndrom oder eine Trisomie 13/18 von <1:1000, liegt ein niedriges Risiko vor und der Test wird als unauffällig angesehen. In diesem Fall wird meist auf eine invasive Diagnostik (Fruchtwasseruntersuchung/Chorion-zottenbiopsie) verzichtet. Ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit für ein Down-Syndrom oder eine Trisomie 13/18 von >1:100, liegt ein hohes Risiko vor. Das Ersttrimesterscreening wird dann als auffällig bewertet. Ein auffäl- liger Test mit hohem Risiko findet sich aber glücklicherweise nur in ca. 1,5% aller Untersuchungen. In diesen Fällen besteht meist der Wunsch nach einer sicheren Diagnose durch eine invasive Diagnostik (Chorion- zottenbiopsie/Fruchtwasseruntersuchung).
Viele Schwangere nutzen das Ersttrimester-Screening als Entscheidungshilfe, ob sie eine Fruchtwasseruntersuchung oder eine Mutterkuchenpunktion zum sicheren Ausschluss einer Chromosomenstörung durchführen lassen wollen. Bei erhöhter Nackentransparenz empfehlen wir unabhängig von einer invasiven Diagnostik immer eine weiterführende Organfeindiagnostik in der 20. bis 22. SSW. Insbesondere bei auffälligen Testergebnissen stehen wir Ihnen jederzeit beratend zur Seite und vermitteln auch Kontakte zur psychosozialen Beratung, falls Sie das wünschen.
Das Ersttrimester-Screening geht über die Mutterschaftsrichtlinien hinaus und ist eine individuelle Gesundheitsleistung (IgEL).
Die Kosten der Untersuchung sind von Ihnen selbst zu tragen
Die Präeklampsie ist eine Schwangerschaftskomplikation, bei der es zu einem hohen Blutdruck der Mutter, zu vermehrter Eiweißausscheidung im Urin und zu Wassereinlagerungen (ödemen) kommen kann. Dies kann sowohl für die Mutter als auch für Ihr Ungeborenes ungünstige Folgen haben. Die Präeklampsie tritt in ca. 2% aller Schwangerschaften auf und stellt einen Hauptgrund mütterlicher und kindlicher Krankheits-Todesfälle dar. Eine effektive Methode, herauszufinden ob Sie ein erhöhtes Risiko haben eine Präeklampsie zu entwickeln, stellt die Kombination aus mütterlicher Vorgeschichte, der Messung des mütterlichen Blutdrucks, der Durchblutung der Gebärmutter sowie von zwei Laborwerten im Blut der Mutter (PAPP- A+PLGF) dar. Damit können ca. 90% aller Präeklampsieformen vorhergesagt werden, die zu einer Frühgeburt vor der 34. SSW führen und ca. 45%, die zu einer Entbindung danach führen würden.
Sollte sich daraus ein erhöhtes Risiko er-geben, wird der Einsatz von ASS 100mg/d bis zur 34. SSW zur Verbesserung der Blutflussverhältnisse empfohlen. Außerdem kann eine engmaschigere Beobachtung der Schwangerschaft durch Überwachung der mütterlichen und kindlichen Blutflußverhältnisse erfolgen. Dies führt zu einer optimierten Versorgung von Mutter und Kind und kann den Schwangerschaftsausgang positiv beeinflussen. Auch diese Leistung ist eine individuelle Gesundheitsleistung (IgEL).
Die Kosten der Untersuchung sind von Ihnen selbst zu tragen.
Diese umfangreiche Ultraschalluntersuchung geht deutlich über das 2. Ultraschallscreening gemäß Mutterpass hinaus. Sie stellt ein bildgebendes Verfahren dar, das auch bei wiederholtem Einsatz keine Schädigungen des Feten erwarten lässt. Sie setzt eine spezielle Kenntnis und besondere Erfahrung des Untersuchers (DEGUM II) sowie hochauflösende Ultraschallgeräte voraus.
So wird eine risikolose organfeindiagnostik am Feten vorgenommen. Darüber hinaus werden Plazenta, Gebärmutter und Fruchtwasser beurteilt. Dadurch können viele Fehlbildungen und Störungen ausgeschlossen und das zeitgerechte Wachstum des Feten gesichert werden. Bei der fetalen Echokardiographie wird das fetale Herz und die großen Gefäße in Struktur und Funktion – auch mit Hilfe des sogenannten Farbdopplers - untersucht. Bei aller Sorgfalt, moderner Gerätetechnik und großer Erfahrung des Untersuchers können jedoch nicht alle Fehlbildungen oder Erkrankungen erkannt werden. Dies ist insbesondere auch von den Begleitumständen der Untersuchung abhängig (dicke Bauchdecken, Fruchtwassermangel, ungünstige Kindslage).
Es handelt sich um ein spezielles Ultraschallverfahren, mit dem Blutflüsse in Richtung und Geschwindigkeit dargestellt werden können. Somit können wir uns ein Bild über die Versorgung der Plazenta und des Feten machen. So wird die Überwachung Ihres Ungeborenen verbessert. Farbkodierter Doppler wird insbesondere bei der Untersuchung des fetalen Herzens eingesetzt. Dadurch können wir Anatomie und Funktion noch besser beurteilen. Auch zum Präeklampsiescreening (s.o.) kann die farbcodierte Dopplersonographie schon ab der 12. SSW eingesetzt werden.
Sie kennen sicher die nahezu photorealistischen Aufnahmen, die die moderne 3D- oder 4D (=bewegte 3D-Bilder) Sonographie liefern kann. Aber nicht nur zur Erstellung faszinierrender Portraits des Ungeborenen wird die 3D-Technologie benutzt. Sie liefert uns häufig diagnostische Hilfe bei auffälligen Befunden im geburtshilflichen sowie im gynäkologischen Ultraschall.
Bitte haben Sie Verständnis, dass wir Ihrem Wunsch nach schönen Bildern oder Sequenzen gerne nachkommen, aber für uns immer der medizinisch-diagnostische Nutzen im Vordergrund stehen wird. Reine 3D-Untersuchungen (sog. Babyfacing) bieten wir nicht an.
Invasive Pränataldiagnostik
Bei der Amniozentese werden unter Ultraschallsicht mit einer dünnen Nadel ca. 10 ml Fruchtwasser durch die mütterliche Bauchdecke entnommen. Sie wird in der Regel in der 16.-18. SSW vorgenommen. Aus den fetalen Zellen im Fruchtwasser wird eine Chromosomenanalyse durchgeführt. Diese dauert in der Regel ca. zwei Wochen. Durch einen zusätzlichen Schnelltest auf die häufigsten Chromosomenstörungen (Trisomie 13, 18, 21, Geschlechtschromosomen) kann auf Wunsch die Wartezeit verkürzt werden. In speziellen Fällen können Tests auf Erbkrankheiten oder Stoffwechselstörungen veranlasst werden. Diese sollten sinnvoller-weise mit einer genetischen Beratung kombiniert werden. Darüber hinaus kann die Untersuchung von AFP (alpha-Fetoprotein) aus dem Fruchtwasser, Hinweise auf einen offenen Rücken (Spina bifida) oder Verschlußdefekte der Bauchwand geben. Das Fehlgeburtsrisiko bei einer Fruchtwasseruntersuchung liegt bei ca. 0,3-0,5%.
Am Tag der nach der Untersuchung sollten Sie eine kurze Ultraschallkontrolle bei Ihrem betreuenden Frauenarzt/-ärztin machen lassen. Sie sollten am Tag der Untersuchung liegen und sich noch für einige Tage körperlich schonen.
Die Chorionzottenbiopsie liefert wie die Fruchtwasseruntersuchung Zellen zur Analyse der fetalen Chromosomen. Sie wird ab der 12. Schwangerschaftswoche vor allem dann durchgeführt, wenn ein hohes Risiko aus dem Ersttrimester-Screening resultiert oder embryonale Ultraschallauffälligkeiten bestehen. Außerdem kann sie bei bestimmten Erbkrankheiten oder Stoffwechselstörungen, sowie bei Wunsch nach einer möglichst frühen Chromosomendiagnostik vorgenommen werden. Dabei werden unter ständiger Ultraschallsicht mit einer dünnen Nadel Zellen aus dem Mutterkuchen durch die Bauchdecke entnommen. Die Untersuchung führen wir ab der abgeschlossenen 11. SSW durch. Sie lässt keine Diagnose zu Spaltbildungen der Wirbelkörper zu.
Ein Teil des entnommenen Mutterkuchengewebes wird in einer Kurzzeitkultur untersucht, so dass ein erstes Ergebnis des Chromosomenbefundes nach ca. 2 Tagen vorliegt. Aus dem 2. Teil der Probe wird eine Zellkultur angelegt, die zur Befundbestätigung dient und wie bei der Fruchtwasseruntersuchung nach 2-3 Wochen ein Ergebnis liefert. Trotz größtmöglicher Sorgfalt und Erfahrung des Untersuchers liegt das Risiko einer Schwangerschaftskomplikation insbesondere einer Fehlgeburt bei ca. 0,5-1%.
Am Tag nach der Untersuchung sollten Sie eine kurze Kontrolle bei Ihrem Frauenarzt/-ärztin durchführen lassen und sich die nächsten Tage nach der Untersuchung vermehrt schonen.
Labordiagnostik in der Pränatalmedizin
Die Bestimmung der beiden von der Plazenta produzierten Hormone erfolgt im Rahmen des Ersttrimester-Screenings aus dem mütterlichen Blut. Bei Feten mit Down-Syndrom findet man erniedrigte Werte von PAPP- A und erhöhte Werte von ß-HCG. Sie sollten möglichst schon in der 10. SSW bestimmt werden, da dies die Aussagekraft des Testes verbessert. Die Werte sind abhängig von verschiedenen Faktoren wie z.B. Rassenzugehörigkeit, Gewicht, Raucherstatus etc. und müssen damit bei der Bestimmung aus dem mütterlichen Blut berücksichtig werden. In ca. 2,5-5% der Untersuchungen ergibt sich ein fälschlicherweise auffälliger Wert und damit ein Scheinrisiko für eine Chromosomenstörung, obwohl keine Entwicklungsstörung des Feten vorliegt.
Das AFP (alpha-Fetoprotein) findet sich bei Spaltbildungen (z.B. offener Rücken, Fehlbildung der Bauchwand) in erhöhter Konzentration im Fruchtwasser und dadurch auch im mütterlichen Blut.
Labordiagnostische Tests stellen Ergänzungen dar – als fester Bestandteil des Erstrimester-Screenings, falls im Ultraschall auffällige Befunde entdeckt werden oder sich aus anderen Befunden Risiken ergeben. Der sichere Ausschluß von Chromosomenstörungen ist derzeit nur durch eine invasive Diagnostik möglich. Außerdem läßt kein labordiagnostischer Test allein den Rückschluß auf den zeitgerechten Entwicklungszustand oder die normale organentwicklung Ihres Ungeborenen zu.
Fachübergreifende Zusammenarbeit mit Experten
Im Rahmen der Pränatalmedizin legen wir neben der Diagnostik immer besonderen Wert auf Ihre persönliche Beratung. Gerade bei auffälligen Befunden stehen wir Ihnen mit größtmöglicher Unterstützung zur Seite. Einerseits gibt es bei einer Reihe von Erkrankungen Behandlungsmaßnahmen bereits vor der Geburt. Andererseits kann schon vorgeburtlich die optimale Therapie in der passenden Klinik geplant werden. Der frühzeitige Kontakt z.B. zu Kinderärzten oder Kinderkardiologen, die ihr Kind nach der Geburt betreuen, hilft vielen betroffenen Eltern weiter. Jederzeit stellen wir auch den Kontakt zu einer psychosozialen Beratungsstelle für Sie her. Wir geben Ihnen hier jede erforderliche Unterstützung, sind immer um eine einfühlsame Beratung bemüht und stehen Ihnen jederzeit zur Seite.